Wir

Kinostart: 29.01.04
2002
Filmplakat: Wir

FBW-Pressetext

Unaufdringliche, ungeschminkte und facettenreiche Momentaufnahme von einer Gruppe junger Erwachsener in Berlin, von ihren Beziehungen, von Sex, Drogen, von Hilf- und Perspektivlosigkeit. "Ein Film von uns über uns."
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Martin Gypkens
Darsteller:Knut Berger; Oliver Bockern; Jannek Petri; Karina Plachetka; Rike Schmidt
Drehbuch:Martin Gypkens
Weblinks:filmfriend.de;
Länge:105 Minuten
Kinostart:29.01.2004
Verleih:Zauberland Filmverleih
Produktion: credo:film GmbH, HFF "Konrad Wolf"; Ostdeutscher Rundfunk;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Spielfilm zeichnet ein in sich stimmiges Bild von jungen Menschen im Alter zwischen 20 und 25 Jahren in Berlin, Prenzlauer Berg, in das sich der Filmemacher nicht nur im Titel mit einbezieht. Gängige Schlagworte wie unglückliche Liebe, Findung der eigenen Sexualität und zeitweilige Perspektivlosigkeit werden an Hand der Schilderung von Einzelschicksalen glaubhaft und gleichzeitig übertragbar auf ähnliche städtische Zentren in Deutschland dargestellt.

Die subtile Betrachtung der Protagonisten mit ihren individuellen Problemen hält die Spannung beim Zuschauer bis zum Schluß aufrecht, obwohl durch die provokante erste Szene mit dem Brustwarzenpiercing gleich ein hohes Level vorgelegt wird. Auffallend ist, daß der Film einen echten Vorspann hat, der eigenständig inszeniert ist, ein filmisches Mittel, das zumindest in dieser Konsequenz in Deutschland sonst leider selten genutzt wird. Die selbstreflektierenden Szenen aus dem Milieu junger Filmemacher (Till und sein "Regisseur") sind genauso stimmig wie das soziale Umfeld der anderen in seiner athmosphärischen Dichte.

Die Besonderheit des Stadtteils Prenzlauer Berg als immer noch existierender Schmelztiegel für Menschen aus dem westlichen und östlichen Teil der Bundesrepublik erfährt der Zuschauer anhand kleiner Nuancen. So ist der Hinweis von Petronella, der jungen Metallkünstlerin und Freundin von Till, an Florian, den Neuberliner aus Aachen, daß die Straßenlampen im Ostteil der Stadt ein anderes, wärmeres Licht ausstrahlen ein gezielter Hinweis auf die kleinen Unterschiede im wörtlichen und wohl auch übertragenen Sinn - ohne plakativ zu wirken.
Existenzelle Konflikte wie der zwischen dem bisexuellen Karsten, der regelmäßig mit anderen Jungen schläft und Judith, die ihn trotz allem auch weiterhin lieben möchte, wirken keineswegs aufgesetzt und werden konsequent ausgespielt. Der Film geht auch auf die Lebensumstände der jungen Leute, wie Arbeit im Call Center, Studium, Schwierigkeiten in einer WG, ein, die bei oberflächlicher Betrachtung diesem Kreis sonst kaum zugeordnet werden.
Immer bleibt die Erzählweise knapp und präzise und die hervorragende Kamera authentischer Beobachter.

Der Tod von Petronella, der die Story konsequent zum Ende führt, bedeutet gleichzeitig für die Clique eine Katharsis, die glaubwürdig ist.